Wasserstoffautos – ein unerfüllbares Versprechen oder eine echte Veränderung?

3 Min. LesezeitNachhaltigkeit
Unter dem Begriff «Wasserstoffauto» stellen Sie sich wahrscheinlich eine futuristische, hochmoderne Technologie vor.
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Aber das stimmt so nicht ganz. Das Antriebsprinzip hinter den Brennstoffzellen, die die modernen Wasserstoffautos antreiben, wurde 1838 vom Schweizer Wissenschaftler Christian Friedrich Schönbein erfunden. Die NASA setzt diese Technologie seit den 1960ern in bemannten Flügen ins All ein. Aber wie sieht die aktuelle Lage aus? Wie wird diese Technologie insbesondere in Fahrzeugen eingesetzt?

Wie funktioniert sie?

Der Wasserstoff befindet sich im Wasserstofftank des Fahrzeugs. Er wird dann vom Wasserstofftank in die Brennstoffzelle geleitet. Dort findet eine chemische Reaktion statt, bei der der Wasserstoff vom Luftsauerstoff getrennt wird. Durch diese Reaktion entstehen elektrische Energie und Wasserdampf. Mit dieser elektrischen Energie wird dann der Elektromotor angetrieben. Im Grunde genommen sind Wasserstoffautos oder Brennstoffzellenfahrzeuge ganz allgemein einfach Elektrofahrzeuge, die die benötigte elektrische Energie selbst erzeugen. Der einzige Reststoff ist Wasserdampf. Aus ökologischer Sicht ist dies natürlich grossartig. Ausserdem müssen Sie ein Wasserstoffauto nicht wie ein batteriebetriebenes Elektroauto an das Stromnetz anschliessen. Sie können es einfach mit Wasserstoff auftanken. Das dauert etwa fünf Minuten und ist vergleichbar mit dem Auffüllen einer LPG-Flasche. Auch die Reichweite kann sich sehen lassen – sie ist ähnlich hoch wie bei neuen Benzin- und Dieselfahrzeugen.

Besteuerung

Für Brennstoffzellenfahrzeuge gelten dieselben Steuervergünstigungen wie für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge. Ein Wasserstoffauto ist nämlich ein Elektroauto und unterliegt daher denselben Steuerbedingungen. Seit dem 1. Januar 2020 sind die Kosten für vollelektrische Fahrzeuge zu 100 % steuerlich absetzbar – und dies gilt ebenfalls für Wasserstofffahrzeuge.

Vielversprechend, aber noch nicht weit verbreitet

Ein Elektrofahrzeug, das sich so unkompliziert fahren lässt wie ein Verbrenner, steuerliche Begünstigungen und mehr – das klingt alles sehr gut. Aber: Der kommerzielle Erfolg von Brennstoffzellenfahrzeugen hat sich noch nicht eingestellt. Seit 2013 wurden weltweit weniger als 8'000 dieser Fahrzeuge verkauft. Zudem ist die Auswahl auf dem Markt beschränkt und sie sind ziemlich teuer: In Belgien beispielsweise sind nur der Hyundai Nexo (67'768 €, zzgl. MwSt.) und der Toyota Mirai (66'033 €, zzgl. MwSt.) erhältlich. Die meisten anderen Hersteller haben die Entwicklung vorübergehend eingestellt und konzentrieren sich aktuell auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge, Plug-in-Hybridfahrzeuge und Hybridfahrzeuge.

Sicherheit

Wasserstofffahrzeuge sind genauso sicher wie herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Auch das Auftanken ist sicher. Die Tankstellen müssen strenge Auflagen erfüllen. Die aktuell auf dem Markt erhältlichen Wasserstoffautos haben alle den kompletten Entwicklungszyklus der Hersteller durchlaufen, einschliesslich Crashtests, und sind für den Strassenverkehr zugelassen.

Bessere Netzwerkinfrastruktur erforderlich

Dann gibt es noch den Aspekt der Netzwerkinfrastruktur. Derzeit gibt es in Belgien nur zwei Wasserstofftankstellen, in Zaventem und in Halle. Für 2021 ist eine weitere in Wilrijk geplant. Es scheint beim Ausbau der Infrastruktur vor allem am politischen Willen zu scheitern. Denn das Netzwerk könnte sehr schnell ausgebaut werden, wenn die Regierung entsprechende Massnahmen umsetzen würde. Belgien hat einen sehr grossen Vorteil: Das Land liegt nur 613 km von den Wasserstoff-Pipelines entfernt. Zudem gibt es um die Häfen von Gent und Antwerpen Wasserstoff-Hubs. Daher sollte der Bau weiterer Wasserstofftankstellen kein grösseres Problem darstellen.

Weil es von staatlicher Seite an Initiativen fehlt, sind einige Hersteller und Zulieferer selbst aktiv geworden. Toyota, Daimler, Honda, Hyundai und die BWM Group haben sich mit Unternehmen wie Shell und Total zum sog. Wasserstoffrat zusammengetan. Diese Partnerschaft möchte in den nächsten Jahren intensiv in die Technologie und Infrastruktur investieren. Die Erhöhung der Anzahl der Wasserstofftankstellen ist dabei eine Priorität. Eine weitere Priorität ist die Produktion von Wasserstoff. Diese ist sowohl auf umweltschonende Weise (Wind- und Solarenergie) als auch auf weniger umweltschonende Weise (z. B. Erdgas) möglich.

Was hält die Zukunft bereit?

So vieles spricht für Wasserstoffautos, aber realistisch gesehen sind sie aktuell keine praktikable Lösung. Die geringe Anzahl an Wasserstofftankstellen und der Mangel an erschwinglichen Wasserstoffautos in ausreichender Zahl stellen derzeit eine Hürde beim Erreichen des kommerziellen Erfolgs dar. Dieser Teufelskreis kann nur durch Joint Ventures zwischen Fahrzeugherstellern und Energieversorgern durchbrochen werden – oder durch staatliche Initiativen für mehr Wasserstofftankstellen, wie dies in anderen Ländern der Fall ist.

Wenn diese Hürden überwunden sind, werden Wasserstoffautos die aktuell erhältlichen batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge ergänzen, eine nachhaltige Alternative zu Dieselfahrzeugen darstellen und Fahrerinnen und Fahrern, die unzureichende Auflademöglichkeiten haben, eine umweltfreundliche Lösung bieten. Mit einer Mischung aus Wasserstoffautos und batteriebetriebenen Elektroautos werden wir dann einen weiteren Schritt hin zu nachhaltiger Mobilität bei Autos unternehmen.

Veröffentlicht am 20. November 2022
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20. November 2022
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