Wüste Beschilderung

Jedem Autofahrer ist sicherlich schon aufgefallen, dass es eine inflationäre Entwicklung der Beschilderung im Straßenverkehr gibt. Ohne erkennbaren Anlass wird beispielsweise eine Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch ein entsprechendes Schild angeordnet, welches 100 Meter später durch das entsprechende Verkehrszeichen wieder aufgehoben wird.

Was aber, wenn sich die Schilder widersprechen? Rechtstechnisch sind Verkehrszeichen ein Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung, die sofort vollziehbar ist. Widersprüchliche Zeichen findet man häufig bei der Anordnung von Parkverboten und deren Ausnahmen. Das angefügte Lichtbild dokumentiert eine solche Situation. Von Bedeutung ist dies insbesondere dann, wenn ein parkendes Fahrzeug wegen eines angeblichen Verstoßes gegen ein Parkverbot abgeschleppt wird. Hier gilt es genau zu prüfen, ob die Beschilderung eindeutig ist. Denn widersprüchliche Beschilderungen bedeuten, dass die darin verkörperten Verwaltungsakte unwirksam sind. Wurde das Fahrzeug wegen eines vermeintlichen Parkverstoßes abgeschleppt, geht es in der Folgezeit um die Zulässigkeit der Abschleppkosten. Lag wegen der unwirksamen Beschilderung kein Parkverstoß vor, sind die Abschleppkosten vom Staat zu tragen.

Auch wenn die Verkehrszeichen nicht widersprüchlich sind, gibt es durchaus Chancen gegen Bußgeldbescheide vorzugehen. Hierbei gilt der Grundsatz, dass gerade die Beschilderung im fließenden Verkehr eindeutig und gut wahrnehmbar sein muss. Nach der Rechtsprechung ist es entscheidend, dass Verkehrseinrichtungen und Verkehrszeichen so beschaffen sein müssen, dass ihre Anordnung bei zumutbarer Aufmerksamkeit vom durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer im Fahren durch beiläufigen Blick erfasst, verstanden und befolgt werden können. Sind mehr als drei Verkehrszeichen zugleich aufgestellt worden, ist die Wahrnehmbarkeit im fließenden Verkehr eingeschränkt. Anders als im ruhenden Verkehr hat nämlich der Fahrer keine Chance, sich die genauen Anordnungen zu Gemüte zu führen. Gerade im Baustellenbereich auf Autobahnen sieht man derartige Schilderwälder. Überholverbot mit Zusatzschild, Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und eine Einschränkung der Benutzung des linken Fahrstreifens mit Zusatzschild kann den Autofahrer überfordern. Selbstredend müssten natürlich die Zusatzschilder eindeutig dem Hauptschild zuordenbar sein. Auch Schilder, die unkenntlich geworden sind oder Verkehrszeichen, die witterungsbedingt (z.B. Schnee) nicht mehr erkennbar sind, entfalten keine Wirksamkeit

Annex: Der Verfasser dieses Artikels wurde wegen eines angeblichen Parkverstoßes auf Grundlage der hier auf dem Foto wiedergegebenen Beschilderung mit einem Verwarnungsgeld belegt. Der entsprechende Bußgeldbescheid der Stadt wurde vom Amtsrichter wegen der widersprüchlichen Beschilderung aufgehoben.

Autor: Dr. Christoph Hartleb Rechtsanwalt vereidigter Buchprüfer Dr. Hartleb Rechtsanwälte Schwalmstraße 291a 41238 Mönchengladbach info@dr-hartleb-rechtsanwaelte.de www.dr-hartleb-rechtsanwaelte.de