Die Vorladung als Zeuge
Immer mal wieder kommt man in die Situation, einen Unfall beobachtet zu haben oder gar Unfallbeteiligter zu sein. Dann gerät man unversehens in die Position eines Zeugen, der für die Aufklärung des Sachverhaltes wichtig sein kann. Ist man als Beschuldigter nicht verpflichtet, einer Vorladung bei der Polizei Folge zu leisten, ist dies für den Zeugen nach einer Gesetzesänderung nunmehr anders. Danach müssen Zeugen einer polizeilichen Vorladung Folge leisten. Insofern sieht § 163 StPO vor, dass Zeugen verpflichtet sind, auf Ladung von Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft - somit der Polizei - zu erscheinen und zur Sache auszusagen. Allerdings kann sich der Zeuge auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen, wenn sich die Ermittlungen gegen eine Person richten, zu der ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht, wie z.B. nahe Angehörige.
Unproblematisch ist die Position als Zeuge in diesem Verfahrensstadium naturgemäß nicht. Dies vor allen in den Fällen, bei denen der Zeuge selbst Unfallbeteiligter ist. Denn im Laufe der Vernehmung kann sich aus Sicht der Polizei der Eindruck verstärken, dass der vermeintliche Zeuge selbst Unfallverursacher und damit vom Zeugen zum Beschuldigten wird. Anders als der Beschuldigte hat der Zeuge zunächst, sofern sich das Verfahren nicht gegen einen Angehörigen richtet, kein Zeugnisverweigerungsrecht. Er wird auch möglicherweise erst dann durch die Ermittlungsperson hinsichtlich seines Aussageverweigerungsrechts als Beschuldigter belehrt, wenn sich der Verdacht gegen ihn ernsthaft verdichtet hat. Wer sich in der Vernehmung als Zeuge unsicher ist, ob sich seine Position vom Zeugen zum Beschuldigten ändert, kann grundsätzlich die Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die Polizei einfordern. Man kann jedoch mit Fug und Recht bezweifeln, ob der nicht juristisch vorgebildete Zeuge sich in dieser Verfahrenssituation mit dem Antrag auf staatsanwaltschaftliche Entscheidung durchsetzen kann. Andererseits, wer als Zeuge vor der Vernehmung weiß, dass er bei wahrheitsgemäßer Angabe zum Beschuldigten werden könnte, kann sich durchaus vorher anwaltlich beraten lassen und einen Anwalt als Zeugenbeistand mit zur Vernehmung bringen.
Solange sich der Status als Zeuge nicht geändert hat, muss der Zeuge bei der Polizei wahrheitsgemäß aussagen. Dies ist insofern von Bedeutung, als bei einer nicht wahrheitsgemäßen Aussage (Gefälligkeitsaussage) in der Folge durchaus ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Strafvereitelung gegen den Zeugen eingeleitet werden kann.
Es macht durchaus Sinn, sich im Vorfeld der Vernehmung Stichpunkte zu der eigenen Beobachtung des Geschehens zu machen und diese zur Vernehmung mitzunehmen, um nicht während der Vernehmung den Faden zu verlieren. Schon durch eine ungeschickte Wortwahl kann bei den Ermittlungsbehörden der Eindruck hervorgerufen werden, der eigentliche Zeuge sei Täter. Der Vernehmung unentschuldigt fernzubleiben ist keine Option, da gegen den Zeugen Ordnungsgelder bis hin zur Ordnungshaft verhängt werden können. Ach ja, die Gesetzesänderung lief unter dem Titel „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“.
Autor: Dr. Christoph Hartleb Rechtsanwalt vereidigter Buchprüfer Dr. Hartleb Rechtsanwälte Schwalmstraße 291a 41238 Mönchengladbach info@dr-hartleb-rechtsanwaelte.dewww.dr-hartleb-rechtsanwaelte.de